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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.10.2004
Aktenzeichen: 20 W 418/04
Rechtsgebiete: FGG, HGB, UmwG
Vorschriften:
FGG § 5 I | |
HGB § 13 h II | |
UmwG § 16 | |
UmwG § 19 | |
UmwG § 20 | |
UmwG § 53 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
In der Handelsregistersache
...
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgericht Frankfurt am Main auf die Vorlage des Amtsgerichts Paderborn vom 4. Oktober 2004 am 14. Oktober 2004 beschlossen:
Tenor:
Das Verfahren ist vom Amtsgericht Kassel fortzuführen.
Gründe:
Der Geschäftsführer meldete mit notariell beglaubigter Erklärung vom 24. August 2004 die Verschmelzung der Gesellschaft als aufnehmendem Rechtsträger mit der A. GmbH mit Sitz in O 1 als übertragendem Rechtsträger durch Aufnahme, die Euro- Umstellung des Stammkapitals und dessen Erhöhung zum Zwecke der Durchführung dieser Verschmelzung sowie die Neufassung des Gesellschaftsvertrages u. a. mit Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstandes sowie der Verlegung des Firmensitzes nach O 1 an.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Kassel vermerkte die ordnungsgemäße Anmeldung der Sitzverlegung sowie die neue Firmenanschrift und übersandte die Akten dem Amtsgericht Paderborn zur weiteren Veranlassung. Die Richterin des Amtsgerichts Paderborn sandte die Akten mit dem Bemerken zurück, da sich die Änderung von Firma und Satzung auf die neue verschmolzene Gesellschaft beziehe, müssten zunächst beim Amtsgericht Kassel die Euro-Umstellung sowie die Kapitalerhöhung eingetragen werden. Erst nach Eintragung der Verschmelzung beim Amtsgericht Paderborn im Register des übertragenden Rechtsträgers und beim Amtsgericht Kassel im Register des aufnehmenden Rechtsträgers könne dann die Akte zur Eintragung sämtlicher sonstigen Satzungsänderungen an das Amtsgericht Paderborn übersandt werden. Der Registerrichter des Amtsgerichts Kassel schickte die Akte erneut dem Amtsgericht Paderborn mit dem Hinweis, es handele sich um eine einheitliche Anmeldung, für die nach herrschender Meinung im Hinblick auf die enthaltene Sitzverlegung insgesamt das Registergericht des neuen Sitzes zuständig sei.
Daraufhin hat das Amtsgericht Paderborn die Sache dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Registergerichts vorgelegt.
Der Senat ist zur Entscheidung über die Vorlage gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG berufen, da zwischen den zu unterschiedlichen Landgerichtsbezirken gehörenden Amtsgerichten Kassel und Paderborn Streit über die örtliche Zuständigkeit besteht. Es handelt sich um einen negativen Kompetenzkonflikt, weil beide Gerichte ihre Zuständigkeit zur Bearbeitung der Registeranmeldung verneinen.
Das Verfahren ist vom Amtsgericht Kassel zunächst durch Bearbeitung der Anmeldung der Euro-Umstellung und Kapitalerhöhung zum Zwecke der Verschmelzung fortzuführen, bevor es nach deren Eintragung zur weiteren Bearbeitung bezüglich der Verschmelzung, der Sitzverlegung und der übrigen Satzungsänderungen an das Amtsgericht Paderborn abgegeben werden kann.
Allerdings geht der Senat in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung davon aus, dass bei der Anmeldung der Sitzverlegung einer GmbH, die mit der Anmeldung weiterer Satzungsänderungen oder sonstiger eintragungspflichtiger Vorgänge verbunden ist, der funktionell hierfür nach § 17 Nr. 1 b RPflG zuständige Registerrichter des Gerichts des bisherigen Sitzes regelmäßig nur die förmliche Richtigkeit der Anmeldung zu überprüfen und die Akte sodann dem Registergericht des neuen Sitzes zu übersenden hat, welches insgesamt für die materielle Prüfung und Bescheidung des Eintragungsantrages zuständig ist (vgl. OLG Köln Rpfleger 1975, 251; OLG Hamm Rpfleger 1974, 195 und 1991, 317=NJW-RR 1991, 1001 OLG Zweibrücken GmbHR 1992, 678; OLG Frankfurt Rpfleger 1991, 508 und 2002, 455=NJW-RR 2002, 1395; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 13 h Rn. 2; Röhricht/von Westphalen/Ammon, HGB, 2. Aufl., § 13 h Rn. 4; Ebenroth/Boujong/ Joost/Pentz, HGB, § 13 h Rn. 18; MünchKomm/Bokelmann, HGB, § 13 h Rn. 5; Ensthaler/Achilles, Gemeinschaftskommentar zum HGB, 6. Aufl., § 13 h Rn. 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 13 h Rn. 4; Staub/Hüffer, HGB, 4. Aufl., § 13 c Rn. 5; Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht, 6. Aufl., Rn. 354; Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 4 a Rn. 22; Arnold, RPflG, 6. Aufl., § 17 Rn. 12; Ziegler, Rpfleger 1991, 485/486). Dies folgt aus dem mit der gesetzlichen Regelung des § 13 h HGB angestrebten Ziel der möglichst zügigen Eintragung der Sitzverlegung, das auch für die hiermit verbundenen sonstigen Anmeldungen gilt und deren einheitliche materielle Prüfung und Bearbeitung auch zur Vermeidung der Gefahr widersprechender Sachentscheidungen verschiedener Registergerichte gebietet.
Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Durchbrechung dieses Grundsatzes geboten, weil die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Umwandlungsgesetzes für die mit einer Verschmelzung zu deren Durchführung verbundene Kapitalerhöhung bei dem aufnehmenden Rechtsträger eine einheitliche Eintragung nicht gestatten (so bereits OLG Hamm NJW-RR 1995, 357). Denn für diesen Fall sieht § 53 UmwG ausdrücklich vor, dass die Eintragung der Verschmelzung erst nach vorausgegangener Eintragung der Kapitalerhöhung erfolgen darf. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die neuen Geschäftsanteile für die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft bereits zur Verfügung stehen, wenn die Verschmelzung durch ihre Eintragung im Register der aufnehmenden Gesellschaft wirksam wird und gemäss § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwG der Vermögensübergang und das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft eintreten. Trotz dieser verfahrensrechtlichen Trennung, die zur Folge hat, dass die materielle Wirksamkeit der Verschmelzung bei jeder dieser beiden Eintragungen und auch bei der gemäss § 19 Abs. 1 UmwG zusätzlich erforderlichen vorherigen Eintragung der Verschmelzung im Register der übertragenden Gesellschaft überprüft werden muss ( vgl. Keidel/Krafka/Willer, a.a.O., Rn. 1180; Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl., § 19 Rn. 6), wird die konditional mit der Verschmelzung verbundene Kapitalerhöhung erst mit der insgesamt konstitutiv wirkenden Eintragung der Verschmelzung im Register der übertragenden Gesellschaft wirksam ( vgl. Kallmeyer, a.a.O., § 53 Rn. 19 m.w.N.). Hierdurch wird zugleich der Gefahr einander widersprechender Sachentscheidungen der beteiligten Registergerichte begegnet (vgl. OLG Hamm a.a.O.).
Für die bei der aufnehmenden GmbH erforderlichen Eintragungen ergibt sich deshalb unter Berücksichtigung der zusammen mit Verschmelzung angemeldeten Sitzverlegung folgende Reihenfolge und Abgrenzung der Zuständigkeit der beteiligten Registergerichte: Das Registergericht des bisherigen Sitzes hat als hierfür örtlich zuständiges Gericht zunächst den nach § 53 UmwG zeitlich vorrangigen Eintragungsvorgang bezüglich der Kapitalerhöhung zu bearbeiten, zu welchem hier auch die ebenfalls angemeldete Euro-Umstellung des Stammkapitals gehört. Sodann ist der Vorgang gemäss § 13 h Abs. 2 HGB an das Registergericht des neuen Sitzes zu übersenden, welches die Anmeldung der Verschmelzung und der übrigen Satzungsänderungen einheitlich zu bearbeiten und - unter Berücksichtigung des zeitlichen Vorranges der Eintragung der Verschmelzung im Register der übertragenden Gesellschaft - nach § 19 Abs. 1 UmwG - einzutragen hat. Einer Abgabe des gesamten Vorganges zur getrennten Eintragung zunächst der Kapitalerhöhung und danach der Verschmelzung sowie der übrigen Satzungsänderungen an das Registergericht des neuen Sitzes zum jetzigen Zeitpunkt steht bereits entgegen, dass dieses Gericht die zeitlich vorrangige Eintragung der Kapitalerhöhung nicht vollziehen kann, weil es hierfür noch nicht zuständig ist und auch noch kein Registerblatt zur Verfügung steht. Allerdings besteht kein Anlass, auch die Eintragung der Verschmelzung noch gesondert von der Sitzverlegung beim Registergericht des bisherigen Sitzes vorzunehmen, da dies zu einer vermeidbaren weiteren Aufspaltung und einem unnötigen zusätzlichen Eintragungsvorgang führen würde. Vielmehr verbleibt es insoweit bei dem Grundsatz, dass sämtliche gemeinsam mit der Sitzverlegung anstehenden Eintragungsvorgänge einheitlich vom Registergericht des neuen Sitzes zu bearbeiten sind, auch wenn es sich hierbei um nicht zwingend gesondert zu erledigende Vollzugsschritte einer Verschmelzung handelt (ebenso für den Fall einer Verschmelzung ohne Kapitalerhöhung OLG Oldenburg GmbHR 1997, 657).
Deshalb war zunächst die Verpflichtung des Amtsgerichts Kassel zur Fortführung des Verfahrens auszusprechen, welches die Sache erst nach Erledigung des Eintragungsvorganges bezüglich der Euro-Umstellung und der Kapitalerhöhung an das für den neuen Sitz in O 1 zuständige Registergericht Paderborn abgeben kann.
Ende der Entscheidung
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